Gedanken zur 4. Fastenwoche

Wer sieht, wer ist blind?
Eine Frage, die in unterschiedlicher Weise beantwortet werden kann.

Da kann jemand mit einem Blindenstock und Blindenbinde unterwegs sein und doch erstaunlich schnell bei Gesprächen „sehen“, wo der Schuh des Gesprächspartners drückt.

Im Evangelium des vierten Fastensonntags lesen wir:
Jesus sagte zu dem Blinden:“ Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!“ Schiloach heißt übersetzt: Der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen.  Joh 9,7

Bei genauerer Betrachtung wird mir schnell bewusst, dass hier ein Mensch nicht nur physisch geheilt wird, sondern dass dieser Mensch im übertragenen Sinn, im psychischen Sinn, die Welt, seine Mitmenschen, ja sich selbst, in einem neuen Licht sehen lernt. Es heißt vom Geheilten, dass er zum Glauben an Jesus findet und sich vor ihm nieder wirft. Er will Jesu Jünger werden.

Unsere Mitmenschen im rechten Licht sehen - eine Aufgabe, die sich gerade in der Fastenzeit uns allen stellt. Wie oft sehen wir unsere Mitmenschen im Licht des Neides, der Eifersucht, des Geizes, der Angst selbst zu kurz zu kommen. Da klagt eine Frau über die Einkommenseinbußen, mit denen sie rechnet angesichts der herrschenden Pandemie, und der Mieterhöhung ab 1. April und ihr Gesprächspartner, ein Hauseigentümer sagt: „das Leben geht weiter.“ Er sieht ihre Not nicht, er ist wie blind. So könnte ich etliche Beispiele aufzählen, bei denen deutlich wird, dass Menschen die Not des anderen nicht sehen, wenn sie selbst nicht betroffen sind. Auch jetzt angesichts der Pandemie war es doch erstaunlich, wieviele Mitbürger gegen die Regel, Abstand zu wahren, verstießen und in Gruppen sonnige Stunden genossen.

Andererseits könnte uns die Pandemie helfen, einander mit der Angst, angesteckt zu werden besser zu verstehen. Wir alle sitzen im gleichen Boot. Die Zahlen der Infizierten schnellt auch in Deutschland in ungeahnte Höhen. Ob Reich oder Arm, jeder kann betroffen werden und als Infizierter Senioren in lebensbedrohende Situationen bringen. Ja, mögen wir doch sehend werden, welche Verantwortung wir füreinander haben. Gerade, wenn wir an Jesus Christus glauben, geht uns auf, dass wir letztlich unserem Schöpfer gegenüber verantwortlich sind. Zugleich können wir als Glaubende unsere Angst, unsere Not mit Jesus Christus teilen. Er sieht auch uns und stärkt uns in dieser Situation.

Pfarrer Ratzinger

 

Psalm 91

1 Wer im Schutz des Höchsten wohnt, der ruht im Schatten des Allmächtigen.
2 Ich sage zum HERRN: Du meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich vertraue.
3 Denn er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus der Pest des Verderbens.
4 Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist seine Treue.
5 Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten, noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt,
6 nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die wütet am Mittag.
7 Fallen auch tausend an deiner Seite, dir zur Rechten zehnmal tausend, so wird es dich nicht treffen.
8 Mit deinen Augen wirst du es schauen, wirst sehen, wie den Frevlern vergolten wird.
9 Ja, du, HERR, bist meine Zuflucht. Den Höchsten hast du zu deinem Schutz gemacht.
10 Dir begegnet kein Unheil, deinem Zelt naht keine Plage.
11 Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.
12 Sie tragen dich auf Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt;
13 du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf junge Löwen und Drachen.
14 Weil er an mir hängt, will ich ihn retten. Ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen.
15 Ruft er zu mir, gebe ich ihm Antwort. In der Bedrängnis bin ich bei ihm, ich reiße ihn heraus und bring ihn zu Ehren.
16 Ich sättige ihn mit langem Leben, mein Heil lass ich ihn schauen.


Manchmal fehlen einem die Worte. Da ist es gut, vorformulierte Gebete zu haben, die einem helfen, den Blick auf Gott zu richten. Jesus selbst hat in seinen Gebeten oftmals Verse aus dem Alten Testament zitiert. Gottes Wort ist von Zusagen erfüllt, dass er seine geliebten Kinder beschützt. Diese Zusagen begegnen uns in der Bibel immer wieder.
Psalm 91 zum Beispiel ist ein wunderschöner Psalm, der jedem Gläubigen Schutz zusagt. Sei es Schutz vor ansteckenden Krankheiten, schrecklichen Unfällen oder unerwarteten Angriffen: Dieser Psalm versichert uns Vers um Vers, dass der Herr über uns wacht, uns bewahrt und uns vor Bösem aller Art befreit – sichtbar und unsichtbar. Besonders das Bild des (Schutz)-Engels, der von Gott gesandt ist, uns zu beschützen, ist bis heute verbreitet und beliebt, nicht nur bei Taufen.
In diesen schwierigen Tagen kann es unsere Angst nehmen und Hoffnung und Vertrauen spenden.

Das schöne Bild des Schutzengels habe ich in der Heilig-Kreuz-Kirche zu Donauwörth entdeckt

Diakon Armin Pfänder